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Ente, Tod und Tulpe – Eine ruhige Freundschaft mit dem Unvermeidlichen

Wolf Erlbruchs „Ente, Tod und Tulpe“ ist ein leises, poetisches Meisterwerk über das Sterben – und über das Leben. Im Zentrum steht eine Ente, die eines Tages dem Tod begegnet. Er trägt einen karierten Morgenrock, ist höflich, zurückhaltend – und keineswegs furchteinflössend. Zu ihrer Überraschung erfährt die Ente, dass der Tod schon immer an ihrer Seite war, von Anfang an – still, geduldig, wartend.

Es entwickelt sich eine zarte, fast kindliche Beziehung zwischen den beiden: Die Ente spricht mit dem Tod, fragt ihn über das Danach aus, neckt ihn, badet mit ihm, schläft neben ihm ein. Die anfängliche Scheu verwandelt sich in Vertrauen, dann in eine tiefe Vertrautheit. Es ist keine grosse Dramaturgie, sondern ein behutsames Annähern – wie zwei alte Freunde, die den letzten gemeinsamen Weg still nebeneinander gehen.

    

Die Geschichte endet in einer Szene von fast überirdischer Schönheit: Die Ente liegt leblos am Ufer eines Teiches, und der Tod sitzt ganz still neben ihr. In seinem Gesicht liegt Trauer – nicht dramatisch, sondern voller Respekt, Zartheit und ein wenig Melancholie. Er betrachtet sie mit stiller Würde, dann trägt er sie behutsam zum grossen Fluss, lässt sie hineingleiten und schaut ihr gedankenverloren nach. Der Tod hat immer das letzte Wort und diese Mal sagt er: «So ist das Leben».

Für mich ist dieses Bild eine der stärksten Darstellungen von Abschied und Loslassen, die es in der Kinderliteratur gibt.

Dass der Tod traurig ist, macht ihn menschlich – oder vielleicht sogar mitfühlender als viele Menschen. Und dass die Ente ihm bis zuletzt vertraut, zeigt, wie viel Frieden möglich ist, wenn man das Ende nicht als Feind begreift, sondern als Teil eines grösseren Kreislaufs.

Dieses Buch bedeutet mir sehr viel. Es hat mir gezeigt, dass man mit Kindern – und mit sich selbst – über den Tod sprechen darf, ohne zu verstören. Es hat mir Worte gegeben für das Unsagbare, und Bilder für das, was unsichtbar bleibt.

Der Tod war immer da. Vielleicht ist das die tröstlichste Botschaft von allen: Er ist nicht der Gegner am Ende, sondern ein Begleiter von Anfang an.

Ps: Gerade habe ich entdeckt, dass es eine kleine Verfilmung von diesem wunderbaren Bilderbuch gibt. Vielleicht hast Du Lust?

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